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Covid-19: Entschädigung bei überlangem Gerichtsverfahren

Der Covid-19-Virus betrifft bekanntlich alle Bereiche des alltäglichen Lebens. Die damit einhergehenden Folgen gehen natürlich auch an der Justiz nicht spurlos vorbei. Neben der Vielzahl an Klagen aufgrund der Coronamaßnahmen hat die Justiz sowie jeder andere Bereich mit Krankheitsfällen zu kämpfen. Dies hat zur Folge, dass bei vielen Verfahren die zuständigen Richter krankheitsbedingt ausfallen.




Welche Pflicht trifft den Staat?

Rechtlich schuldet der Staat allen Bürgern eine ausreichende Ausstattung der Justiz. Diese Pflicht umfasst auch eine ausreichende Personalstruktur. Der Staat hat daher Vorkehrungen zu treffen, damit bei Ausfallzeiten eine schnelle Vertretung möglich ist.

Jeder der sich einigermaßen mit den Strukturen in der Justiz auskennt, weiß natürlich, dass diese Theorie an der Praxis völlig vorbeigeht. Seit Jahren klagt auch die Justiz darüber, dass eine Überbelastung besteht.

Durch dieses Spannungsverhältnis droht dem Staat daher bei Verzögerung der Gerichtsverfahren Schadensersatzansprüche der Betroffenen. Betroffene können für diesen Fall dann eine Entschädigung verlangen, wenn die Voraussetzungen hierfür tatsächlich vorliegen.


Wann besteht eine unzulässige Verzögerung?

Diese Frage kann nicht abstrakt beantwortet werden. Wie immer kommt es auf den Einzelfall an. Kürzlich hat das Bundessozialgericht in Kassel am 24.03.2022, Az.: B 10 ÜG2/20 R, über einen Fall entschieden, bei dem das Ursprungsverfahren bei ein und derselben Instanz beim Sozialgericht Berlin über mehr als 4,5 Jahre gedauert hatte. Die lange Verfahrensdauer kam deswegen zustande, da erhebliche Krankheitszeiten des Kammervorsitzenden bestanden. Der Staat war daher nicht in der Lage, aufgrund dieser Umstände eine wirksame und schnelle Vertretung zu organisieren.



Wie hoch ist eine Entschädigung?

Auch diese Frage lässt sich nicht mit schwarz oder weiß beantworten. In dem vorgenannten Fall hatte der Kläger ursprünglich 4.700,- € gefordert. Im Ergebnis hatte ihm das Bundessozialgericht letztlich 2.800,- € Entschädigung zugesprochen.

Das Beispiel zeigt aber, dass insbesondere aufgrund der Unterbesetzung der Justiz erhebliche Entschädigungsansprüche der Betroffenen drohen können. Eigentlich läge es daher an dem Staat, unmittelbar zu handeln. Da dieses Thema nicht neu ist, bestehen hieran erhebliche Zweifel. Ähnliches lässt sich feststellen für das Thema Digitalisierung.

Wenn dem Staat es nicht über kurz oder lang gelingt, die Justiz dauerhaft zu entlasten, so wird dies nicht nur enorme Auswirkungen auf die Justiz haben, sondern auch auf die Gesellschaft. Wenn Betroffene Jahre auf Entscheidungen warten müssen, so wird dadurch das Vertrauen in den Rechtsstaat sicherlich nicht gefördert. Auf der anderen Seite werden natürlich Stellen in der Justiz nicht unbedingt attraktiver, wenn mögliche Bewerber bereits bei Arbeitsbeginn davon ausgehen müssen, dass sie später mit einem Arbeitspensum konfrontiert werden, welches einfach nicht schaffbar ist.

Work-life-balance bleibt dann nur ein Fremdwort!

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